Mitten im Pandemie-Jahr 2020, sauber und durchaus auch optimistisch zwischen der ersten und der zweiten Welle platziert, führten wir als Team Buttomat das Projekt “Wie sieht Heimat aus” durch. Die Zeichnungsaktion auf den Dorfplätzen im Engadin und die anschliessenden Ausstellungen in der Projektregion sowie im Unterland konnten stattfinden und entsprachen dank grossem Frischluftanteil und kleinem Rahmen glücklicherweise immer den jeweils aktuellen Weisungen vom Bund. Wir schauen auf ein gelungenes Projekt zurück. Ein Projekt in einer für uns neuen Dimension. Und wir freuen uns über die dabei gemachten Erfahrungen, die Begegnungen und den Austausch.
Aktionstage mit der Zeichenstation im Engadin
Vom 19. bis 25. Juli reiste das Team Buttomat, zu dieser Aktion bestehend aus Vanessa Hatzky, Simon Beuret, Martin Heynen, Marlen Keller, Marisa Zürcher und Irina Feller ins Engadin, mit der mobilen Zeichnungstation im Gepäck und gespannt auf die praktische Realisation des lange geplanten Projektes. Die Durchführung der Aktion mit interaktivem Charakter und einer kleinen Ausstellung der vor Ort entstandenen Zeichnungen, stiess wie erhofft, an den öffentlichen Plätzen in den kleinen Berggemeinden, auf reges Interesse. So zog das Projekt in den Gemeinden jeweils bis zu 60 Menschen an, die sich aktiv beteiligten, in dem sie eine oder mehrere Fragen beantworteten. Dabei wurde von vielen lange nachgedacht, was von intensiver Auseinandersetzung zeugt dafür aber zu weniger intuitiven und teils weniger vielfältigen Antworten führte. Im Dialog, der Erzählung von Anekdoten, oder wenn Menschen sehr spontan auf die gestellten Fragen antworteten, war es einfacher an individuelle Antworten zu kommen. Zusätzlich gab es jeweils etwa gleich viele Personen, welche die ausgestellten Antworten und Fragen Interessiert betrachteten, sich jedoch in eigener Stellungnahme in Form einer Antwort zurückhielten. Wie erhofft regten die schon Vorhandenen Zeichnungen und persönlichen Antworten zum Austausch an, und so entstanden vieler art Gespräche. Beispielsweise über den Heimatsbegriff an sich, der durchaus polarisierte, über ganz individuelle Bezüge wie auch über die jeweiligen Regionen und geschichtliche Hintergründe, Tourismus, Nachbar*innenschaft und vieles mehr.
Ausstellung
Vom 19. September bis zum 06. Oktober konnten wir in der Grotta da Cultura in Sent eine Ausstellung zu der Zeichnungsaktion “Wie sieht Heimat aus?” zeigen. Im Oktober war eine gewandelte Form davon dann vom 8.–10. Oktober im Ahoi Space in Luzern zu sehen. Für die Ausstellungssituation war uns ein zentrales Anliegen, dass die entstandenen Zeichnungen einen haptischen Charakter bewahren können, wie dies jeweils bei den Buttons auch der Fall ist. Die komplexe Thematik, die durch die persönlichen Antworten der Passant*innen und die jeweils sofort und spontan entstandenen Illustrationen, sollte auch in der Ausstellungssituation ihren unmittelbaren Zugang durch den Einbezug des Publikums behalten.
Durch den doppelseitigen Druck auf den robusten Bierdeckelkarton wurde es einerseits möglich, die Antwort (gedruckt auf der einen Seite) und die Illustration (gedruckt auf der anderen Seite) auf einem Objekt zusammen zu bringen und andererseits luden sie zum anfassen ein. Die Besucher*innen stöberten, gruben und suchten, verglichen, zeigten und verwarfen. Eine weitere Ebene, die wir in die Ausstellung eingearbeiteten, war die Audiospur, welche die gesammelten Antworten in einer Zufälligen Reihenfolge wiedergab. Dadurch, dass die Aussagen immer auf jeweils andere Folgten, luden sie sich gegenseitig mit Komik, Dringlichkeit, Trauer oder Sentimentalität und boten auch ein Pendant zum Wühltisch. Die Gleichzeitigkeit vom Hören und Schauen ergab auch neue interpretationen von Zeichnung oder Antwort. Zudem stützte die gesprochene Sprache den spontanen und persönlichen Charakter der Antworten. Die Ausstellung in Sent war zu unserer Freude auch unter den Anwohner*innen auf grosses Interesse gestossen. Die Vernissage war laut dem Verein, der die Grotta da Cultura betreibt ausserordentlich gut besucht und das Team Buttomat erhielt viel positive Rückmeldung. In Luzern fand an der Vernissage zudem die musikalische Intervention von Rosanna Zünd und Silvan Koch statt. Auf dem Harmonium, welches zu dem Zweck aus der Projektregion nach Luzern transportiert wurde, spielten sie traditionsbehaftete, volkstümliche Lieder, die sie zugleich elektronisch verfremdeten und verzerrten.
Publikation
Zur Dokumentation der entstandenen Sammlung wurde ein Print-Produkt im Eigenverlag publiziert. Die Zeichnungen sind darin nach Fragen geordnet, die Fülle und Vielfalt an Antworten und Zeichnungen stehen im Zentrum. Die Publikation ist auf dem Risographen gedruckt, der mit grosser Geschwindigkeit druckt und durch die Farbseparation in den einzelnen Durchgängen eine gewisse Ungenauigkeit mit sich bringt.
Die Publikation kannst du hier für CHF 28.– inkl. Versand bestellen
das Projekt entstand mit freundlicher Unterstützung von:
Kulturförderung Kanton Graubünden
Gemeinde St. Moritz
Gemeinde Sent
Forschungskommission Schweizerischer Nationalpark
Stiftung Wali Dad, Hünenberg
Monika Widmer Stiftung, Luzern
RKK Luzern
FUKA Fonds Luzern